Lebenslauf Richard M. Meyer

1860

Geboren am 5. Juli in Berlin als Sohn des Bankiers Friedrich Meyer (1820-1881) und seiner Frau Elika (1825-1903).

1878

Studium der germanischen Philologie in Leipzig. Zu seinen Lehrern zählten Wilhelm Braune, Rudolph Hildebrand und Friedrich Zarncke.

1879

Fortsetzung des Studiums an der Berliner Universität. Meyer hört Vorlesungen bei Karl Müllenhoff, Max Roediger, Wilhelm Scherer, Erich Schmidt, Eduard Zeller und Heinrich Zimmer.

1883

Promotion über Die Reihenfolge der Lieder Neidharts von Reuenthal und Wechsel an die Universität in Straßburg. 

1886

Habilitation über Jonathan Swift und Georg Christoph Lichtenberg, Zwei Satiriker des 18. Jahrhunderts und Aufnahme seiner Lehrtätigkeit als Privatdozent an der Berliner Universität. 

1887

Durch einen Bekannten wird Meyer auf die Schriften des Philosophen Friedrich Nietzsche aufmerksam gemacht.

1888

Über Paul Deussen lässt Meyer Friedrich Nietzsche 2.000 Mark zukommen. Meyer zählt zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft für deutsche Literatur in Berlin und gibt Wilhelm Scherers Poetik heraus.

1889

Heirat mit Estella Clara geb. Goldschmidt (1870-1942). Hochzeitsreise nach München, Salzburg und Nürnberg. Nach ihrer Rückkehr beziehen Meyers eine Wohnung Am Karlsbad 4 in Berlin. Im September / Oktober längere Reise nach Italien, Rückkehr über Innsbruck und München. Im Dezember Reise nach Wien, wo Meyer u.a. Professor Jakob Minor besucht. Abschluss der Korrekturen für sein Buch Altgermanische Poesie.

1890

Im März / April zweite längere Reise nach Italien und München. Im August erneute Reise nach München und Besuch der Passionsspiele in Oberammergau, Aufenthalt in Venedig und Teilnahme an der Enthüllung des Lessing Denkmals im Berliner Tiergarten. Eintritt in den Verein für Volkskunde. 

1891

Im Frühjahr längere Reise nach Italien, Monte Carlo und die französische Riviera, Besuch der Goethe-Tage in Weimar und Teilnahme an der Philologen-Versammlung in München. Weitere Reisen führen Meyer und seine Frau in die Niederlande und zu den Bayreuther-Festspielen.

1892

Wahrscheinlich erste Bekanntschaft mit Elisabeth Förster-Nietzsche. Im April Reise nach London, Salisbury und der Isle of Wright, Beginn der Mitarbeit an der Sophien-Ausgabe von Goethes Werken. 

1893

Geburt des Sohnes Fritz Joachim Wilhelm am 6. April.  Übernahme der Pflegschaft für den erkrankten Julius Hoffory. Teilnahme an der Philologen-Versammlung in Wien. Meyer gewinnt mit seiner Goethe-Biographie den ersten Preis bei einem Wettbewerb des Verlegers Dr. Bettleheim. 

1894

Im April bezieht Meyer mit seiner Familie eine großzügige Wohnung im ersten Stock des von seinem Vater erbauten Stadtpalais in der Voßstraße 16. Im Erdgeschoß befindet sich die Familienbank E. J. Meyer. Besuch der Goethe-Tage in Weimar. Kuraufenthalt in Bad Kissingen, Weiterreise nach Kreuth wo Meyer an den Korrekturen für seine Goethe-Biographie arbeitet die am 3.Oktober erscheint. Er  widmet das Buch seiner Frau Estella. Im Dezember Einweihung der Wohnung in der Voßstraße  mit 114 Gästen.

1895

Geburt des Sohnes Konrad Joachim Max am 21. September. Meyer besucht in Naumburg Elisabeth Förster-Nietzsche und den kranken Friedrich Nietzsche. Förster-Nietzsche verbringt im Mai einige Tage als Logiergast bei Meyer in Berlin. Besuch der Goethe-Tage in Weimar.

1896

Das Ministerium lehnt einen Berufungsvorschlag Meyers zum Professor wegen einer fehlenden Stelle im Etat ab. Meyer besucht Elisabeth Förster-Nietzsche in Naumburg und leiht ihr Ende des Jahres erneut Geld. Im April längerer Aufenthalt in Paris. 

1897

Anfang des Jahres Kontaktaufnahme mit Hugo von Hofmannsthal und Stefan George. Am 17. Februar hält Meyer bei der Gesellschaft für deutsche Literatur einen Vortrag  der maßgeblich die Karriere von Stefan George beeinflusst. Im März erscheint Meyers Sammelband Deutsche Charaktere. Im April / Mai Reise nach Innsbruck, Venedig und München mit anschließender Teilnahme am Straßburger Universitätsjubiläum. Vorbereitungen zur zweiten Auflage der Goethe-Biographie und Beginn der Arbeit am Manuskript für seine Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts welche er im Auftrag des Bondi-Verlages verfasst. Eine mögliche Berufung an die Universität in Zürich scheitert. Teilnahme an den Goethe-Tagen in Weimar, Meyer und seine Frau wohnen bei Elisabeth Förster-Nietzsche in der Villa Silberblick. Am 17. November sind Meyer und seine Frau Gäste beim Malerehepaar Reinhold und Sabine Lepsius aus Anlass einer Lesung von Stefan George. 

1898

Geburt seines Sohnes Reinhold Joachim Wolfgang am 21. August. Meyer setzt die Arbeit an seiner Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts fort und die zweite Auflage seiner populären Goethe-Biographie erscheint. Im Sommer leiht Meyer Elisabeth Förster-Nietzsche 10.000 Mark um ihr den Ankauf der Villa Silberblick in Weimar zu ermöglichen. Als Dank für seine Unterstützung schenkt sie ihm Ende des Jahres einen Abguss der Nietzsche-Plastik von Arnold Kramer.

1899

Im Juni beendet Meyer die Arbeit am Manuskript für seine Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Besuch der Goethe-Tage in Weimar Sommerreise nach Kreuth mit anschließender Teilnahme an der Goethe-Feier in München und Besuch bei Franz von Lenbach um ein Portrait des Sohnes Konrad in Auftrag zu geben. Reise zur Philologen Versammlung in Bremen. Die Startauflage von 4.000 Exemplaren der Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts ist innerhalb weniger Wochen vergriffen. 

1900

Meyer arbeitet an der zweiten Ausgabe seiner Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts. In Reaktion auf das Buch veröffentlichen Arno Holz und Adolf Bartels Kampfschriften gegen Meyer. Während Holz sich als Dichter nicht ausreichend gewürdigt sieht, ging Bartels mit antisemitischen Äußerungen gegen einen missliebigen Konkurrenten vor. Im April reisen Meyer und seine Frau nach Italien. Am 13. August wird Meyer der Titel Professor verliehen, am gleichen Tag wird die von ihm zur Hälfte finanzierte Marmorbüste von Wilhelm Scherer in der Aula der Berliner Universität aufgestellt. Am 25. August stirbt Friedrich Nietzsche in Weimar. Für das Goethe-Jahrbuch verfasst Meyer einen Nachruf, am 18. Oktober hält er in Bonn einen Vortrag über den Philosophen. 

1901

Reise zu den Goethe-Tagen nach Weimar, aus deren Anlass Meyer den Festvortrag Goethe als Psycholog hält. Am 31. Juli erfolgt Meyers Ernennung zum außerordentlichen Professor an der Berliner Universität. 

1902

Meyers Grundriss der neuern deutschen Literaturgeschichte erscheint im Januar. Während einer Reise durch Italien trifft Meyer die Schriftstellerin Isolde Kurz. Bei Reinhold Lepsius gibt Meyer ein posthumes Portrait von Wilhelm Scherer in Auftrag. Mitarbeit an der Jubiläums-Ausgabe von Goethes-Werke, Meyer bearbeitet Dichtung und Wahrheit

1903

Erste gezielte Ankäufe für den Aufbau einer Kunstsammlung. Am 3. Juli verstirbt Meyers Mutter Elika, aus deren Nachlass er die Gemäldesammlung seines Vaters erbt. Zu den Hauptstücken zählt das Gemälde Ein Nachmittag im Tuileriengarten des Künstlers Adolph von Menzel. Teilnahme an der Eröffnung des von Henry van de Velde neu gestalteten Nietzsche-Archivs in Weimar. Am 23. Dezember treffen sich Vertreter vom Deutschen Künstlerbund, darunter Harry Graf Kessler, Max Liebermann, Walter Leistikow und Max Osborn für eine Sitzung in Meyers Stadtpalais. 

1904

Reise nach London und durch Belgien. Besuch der Goethe-Tage. Die Aufsatzsammlung Gestalten und Probleme erscheint und die dritte Ausgabe der Goethe-Biographie. Meyer schließt das Manuskript für sein Buch Deutsche Stilistik ab. 

1905

Meyer arbeitet an der dritten Auflage für seine Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts die im November erscheint. Leihgabe des Menzel Gemäldes Ein Nachmittag im Tuileriengarten für die Retrospektive in der Nationalgalerie. Im Frühjahr Reise nach Italien, auf dem Rückweg nach Berlin besucht Meyer in Basel Karl Joël,  dem er später seine Nietzsche-Biographie widmet. Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Schiller-Jubiläum. Am 27. Mai lassen Meyer und seine Frau ihre drei Söhne in der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt taufen. Reise zur Philologen-Versammlung in Hamburg.

1906

Zu den Gästen von Meyer und seiner Frau zählen in diesem Jahr u.a. Gustav Frenssen, Bjørnstjerne Bjørnson und Stefan George. Im Frühjahr unternimmt Meyer eine Reise nach Italien und München und verfasst die 700 Buchrezension. Sein Buch Die deutsche Stilistik und die dritte Ausgabe der Literaturgeschichte des 19.Jahrhunderts erscheinen. Reise zu den Goethe-Tagen nach Weimar. Aus dem Nachlass seines Onkels, des Frankfurter Bankiers Benedikt Goldschmidt, erwirbt Meyer vier Gemälde für seine Sammlung, darunter Arbeiten von Liebermann und Courbet. Der Rest der Sammlung wird 1910 in München bei Helbing versteigert. Kuraufenthalt in Bad Ems. Bei Reinhold Lepsius gibt Meyer sein Portrait in Auftrag.  

1907

Anselm Heine, Lulu von Strauß, Hugo von Hofmannsthal, Bjørnstjerne Bjørnson und Ricarda Huch zählen zu Meyers Gästen. Reise nach Italien und in die Schweiz. Mitarbeit an einer Ausgabe von Goethe-Gedichten. Reise zu den Goethe-Tagen nach Weimar, Mittagessen bei Elisabeth Förster-Nietzsche in der Villa Silberblick, zu deren Gästen auch Henry van de Velde zählt. Meyer bemüht sich vergeblich einen vakanten Platz bei der Akademie der Wissenschaften zu erhalten. Angriffe gegen Meyer in der Revue Germanique. Erneuter Kuraufenthalt in Bad Ems, anschließend Reise nach Paris und Teilnahme der der Philologen-Versammlung in Basel. 

1908

Meyer unternimmt mehrere längere Reisen nach Kopenhagen, London und Schottland. Teilnahme am Kongress für Religionsgeschichte in Oxford, Meyer hält einen kurzen Vortrag.  

1909

Im Januar verfasst Meyer die 1.000 Buchrezension. Meyer arbeitet ab dem Frühjahr an dem Manuskript für sein neues Buch Altgermanische Religionsgeschichte und der vierten Auflagen seiner Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Im März hält Meyer beim Wiener Goethe-Verein einen Vortrag über Goethes Regeln für Schauspieler, anschließend Weiterreise nach Venedig, Monte-Carlo und Nizza. Teilnahme an den Goethe-Tagen in Weimar, Mittagessen bei Elisabeth Förster-Nietzsche in der Villa Silberblick. Erneuter Kuraufenthalt in Bad Ems, anschließend Reise nach München und Wien. Teilnahme an der Philologen-Versammlung in Graz. Der erste Band der Ausgabe von Goethes Briefwechsel mit seinen Freunden erscheint, gestaltet von Melchior Lechter. Abschluss eines Vertrages mit dem Beck-Verlag über die Abfassung einer Nietzsche-Biographie.  

1910

Berufung in den Vorstand der Stiftung Nietzsche-Archiv, Weimar. Ismael Gentz zeichnet Meyers Portrait für sein Universitätsalbum. Teilnahme an der Enthüllung des Fontane Denkmals, für dessen Aufstellung sich Meyer engagiert hat. Estella Meyer beauftragt Max Klinger mit der Schaffung einer Büste ihres Sohnes Reinhold, Meyer besucht den Künstler in seinem Atelier in Leipzig. Teilnahme an den Goethe-Tagen in Weimar. Am 11. Juli verstirbt Meyers Sohn Fritz während einer Ferienreise in der  Schweiz. Streit mit Förster-Nietzsche um den Ankauf von zwei Nietzsche-Autographien für das Nietzsche-Archiv. Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Gründungsjubiläum der Berliner Universität. Errichtung der Wilhelm Scherer-Stiftung, im Gedenken an seinen Sohn Fritz und seinen Lehrer Wilhelm Scherer. 

1911

Das Angebot einer Honorarprofessor an der Berliner Universität schlägt Meyer aus. Teilnahme an den Goethe-Tagen in Weimar. Im August beginnt Meyer mit der Abfassung seiner Nietzsche-Biographie. Reise. nach Stockholm und Kopenhagen. Öffentliche Kontroverse mit Elisabeth Förster-Nietzsche.

1912

Elisabeth Förster-Nietzsche reicht im März eine Beleidigungsklage gegen Meyer ein. Arbeit  am Manuskript von Die Weltliteratur im zwanzigsten Jahrhundert. Reisen an den Bodensee, München und durch die Niederlande. Teilnahme am Kongress für Religionsgeschichte in Leyden bei dem Meyer einen Vortrag hält. Vorträge über Gerhart Hauptmann in Jena und Köln, Teilnahme am Geburtstags-Dinner des Dichters im Hotel Adlon. Im November erscheinen die Nietzsche-Biographie und die Volksausgabe der Literaturgeschichte. Otto Pniower widmet seinen Freunden Richard M. Meyer und Max Morris sein Buch Dichtungen und Dichter. Abschluss eines Vertrages mit der Metzlerischen Verlagsanstalt für ein Wörterbuch zu Nietzsche.  

1913

Meyer und seine Frau wohnen der Premiere von Thomas Manns Fiorenza bei, am nächsten Abend spricht der Dichter bei ihnen über seine Novelle Der Tod in Venedig. Während einer Italienreise im Frühjahr trifft Meyer in Portofino Gerhart Hauptmann. In München besuchen Meyer und seine Frau den Maler Franz von Stuck und geben ein Portrait von Estella in Auftrag. Reise zu den Goethe-Tagen nach Weimar. Aus Anlass des Kongresses für Ästhetik und Kunstwissenschaft geben Meyer und seine Frau ein Abendessen am 6. Oktober. Die Klage von Elisabeth Förster-Nietzsche gegen Richard M. Meyer endet am 8. Oktober mit einem Vergleich, drei Tage später erklärt Meyer seinen Rücktritt aus dem Vorstand der Stiftung Nietzsche-Archiv. Ernst Kämpfer publiziert eine Streitschrift gegen den Germanisten mit antisemitischen Tendenzen. 

1914

Im Januar wird Meyer zum stellvertretenden Vorstand der Gesellschaft für deutsche Literatur gewählt. Im April verbringen Meyer und seine Familie einige Tage in Venedig. Am 29. Mai feiern Meyer und seine Frau ihren 25. Hochzeitstag mit 162 Gästen in Berlin.  Am 8. Oktober 1914 verstirbt Richard M. Meyer an einem Gehirnschlag. Er wird auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt. Nachrufe in in- und ausländischen Zeitungen würdigen Meyers wissenschaftliche Arbeit und sein Engagement als Mäzen für Künstler und Schriftsteller.